heraeus | magazin 2016 13 beispiel chemieprodukte: hier konnte die einkäuferin auf grundlage der daten deutlich bessere konditionen bei einem globalen lieferanten durchsetzen, der heraeus bisher dezentral beliefert hatte. „wo wir früher an zehn stellen ein unbedeutender mittelständischer kunde waren, werden wir heute als globaler key account betreut“, freut sich rieger über ihren erfolg. ein anderer kollege konnte auf der basis der daten die weltweiten verträge für personalberater neu verhandeln und zeitarbeitslieferanten in deutschland sinnvoll bündeln. „durch die integration der daten sehen wir endlich, wo es lohnt, sich mit den lieferanten noch einmal an den tisch zu setzen, um mehr für heraeus rauszuholen.“ dabei geht es nicht immer nur um bessere preise oder betreuung: „da wir teilweise in industrien mit sehr wenigen hoch spezialisierten zulieferern unterwegs sind, spielt auch die versorgungssicherheit eine große rolle“, so witte. so können die einkäufer künftig viel besser als zuvor abschätzen, in welchen industrien oder regionen mit wie vielen anbietern koope- riert werden soll. künstliche und menschliche intelligenz kommen zusammen künstliche intelligenz macht die integration der daten zwar möglich, ganz ohne menschliche intelligenz geht es dann aber doch nicht. „gerade in der anfangsphase hat das system oft aktiv nachgefragt, wenn es unsicher war“, berichtet rieger. meint die produktbezeichnung „auto“ wirklich immer den dienstwagen – oder vielleicht auch das werbegeschenk für 3,90 euro? jede der mensch- lichen antworten wird dabei in eine regel übersetzt, die in zukunft zum einsatz kommt, wenn ähnliche zusammen- hänge wieder auftauchen. „über zwei millionen solcher regeln hat unser system alleine in den ersten vier wochen generiert, davon nur einen kleinen teil mit menschlicher hilfe.“ dabei macht sich die software mittelfristig in gewisser weise auch selbst überflüssig. denn neben den täglichen strategischen analysen der einkäufer wird sie mittlerweile auch dazu eingesetzt, die daten aus den 14 altsystemen in das neue, einheitliche sap zu überführen. also nur eine übergangslösung, wenn auch eine sehr intelligente? „gerade bei der akquisition von unternehmen, die sich heraeus für die kommenden jahre vorgenommen hat, kommt es auf eine schnelle integration des einkaufs an“, so dirk witte. „unser tool würde auch hier die zuordnung von unterschiedlichen daten deutlich beschleunigen, so dass wir schnell vorteile heben könnten“, so witte. „es kennt heraeus einfach schon zu gut.“ der gewinn liegt im einkauf, lautet ein betriebs- wirtschaftliches sprichwort. denn jeder euro, der nicht ausgegeben wird, schlägt sich direkt im ergebnis nieder, so die logik. „bei heraeus war es in der vergangenheit aufgrund der dezentrali- sierten struktur oft überhaupt nicht möglich, übergreifend zu sehen, wo wir was ausgeben“, fasst monique rieger, einkaufsleiterin bei heraeus precious metals (hpm), zusammen. sie ist weltweit zudem verantwortlich für den einkauf von chemieprodukten. bis heute gibt es innerhalb von heraeus an über 100 standorten 14 verschiedene einkaufssysteme. zusätzlich nutzte jede global business unit (gbu) eigene warengruppen, bezeichnungen und stammnummern für die einzelnen produkte. „da die daten nicht kompatibel waren, war ein übergreifender blick auf unseren einkauf im konzern sehr schwierig. wir wussten oft nicht einmal, wenn verschiedene bereiche das gleiche produkt vom gleichen zulieferer zu unterschied- lichen preisen gekauft haben“, erinnert sich rieger. strate- gische entscheidungen, etwa zur gemeinsamen auswahl von zulieferern oder günstigeren konditionen durch einen gemeinsamen einkauf, waren schwierig. der bessere deal durch nutzung unterschiedlichster datenquellen seit 2014 harmonisiert heraeus im rahmen des programms magellan seine it-infrastruktur und -prozesslandschaft. nach und nach werden in diesem zusammenhang auch die einkaufssysteme standardisiert. die komplette umstellung wird aber noch bis 2019 dauern. „zu lange, wenn man bedenkt, was uns an einsparungen, aber auch anderen strategischen vorteilen in dieser zeit verloren geht“, sagt konzern-einkaufsleiter dirk witte. gemeinsam mit dem italienischen software-spezialisten creactives wurde deshalb anfang 2016 eine lösung ein geführt, die auch aus den bestehenden daten erstaun- liches für die heraeus-einkäufer herausholen kann. modernste spracherkennungstechnologie und künstliche intelligenz sorgen dabei dafür, dass das system eigen- ständig die daten aus allen derzeit 14 systemen kom- binieren kann – und damit für die einkäufer auswertbar macht. welche firmen beliefern heraeus in einer waren- gruppe weltweit? kaufen auch andere gbus das gleiche produkt ein? welcher zulieferer gibt den meisten skonto? „schon nach wenigen wochen war es uns möglich, kon- zernweit analysen zu generieren und damit felder zu iden- tifizieren, in denen wir bessere konditionen ver handeln können“, sagt rieger.